Graz - oder wie man früher mit jetzt verbindet

Vor wenigen Tagen, gegen Ende Oktober 2022, war ich erstmals "richtig" in Graz.

 

"Richtig dort gewesen"  deswegen, weil ich vor vielen Jahren - so ungefähr zwischen 1989-1991 mit meiner damaligen Bürokollegin und Lebensabschnittsfreundin Ulli in Graz einen Zwischenstopp hatte. Exakt festgehalten waren wir damals bei McDonalds und haben etwas gegessen.

Es gibt sogar ein Foto davon, leider finde ich es nicht mehr. Ich habe Ulli vor der M-Filiale abgelichtet. Damals war ein Besuch beim Mäci noch etwas besonderes. In Wien war die erste Eröffnung 1977 am Schwarzenbergplatz, in Graz 1981 am Jakominiplatz.

 

rechts Ulli - links ich.
rechts Ulli - links ich.

Ich habe mit Ulli an meinem ersten Job viele Jahre zusammengearbeitet. Nachdem wir in einer kleinen Steuerberatungskanzlei beschäftigt waren und ich nach 5 Jahren bereits Dienstälteste war, Ulli hat eine der scheidenden Kolleginnen ersetzt, haben wir uns angefreundet und auch vieles gemeinsam erlebt.

Unsere Ausflüge waren zwar nicht an die angesagten Mega-Destinationen, aber legendär. Vielleicht schreibe ich davon noch extra.

 

Jedenfalls hat Hans das mitbekommen. Er war in der letzten Zeit wieder 2x beruflich in Graz. Er sieht dann zwar auch nicht immer etwas von der Umgebung, aber deutlich mehr als ich.

 

Also haben wir mit unserer Vorteilscard eine Bahnfahrt 1.Klasse gebucht und sind Richtung Graz gefahren.

vorm Semmering ist hinterm Semmering
vorm Semmering ist hinterm Semmering

Für mich fühlen sich diese Fahrten IMMER wie Urlaub an. Ich glaub, ich bekomme schon Urlaubsfeeling, wenn ich von Wien nach Mistelbach fahre. Mein Arbeitsweg seit 1 Jahr sieht ja auch vor mit der Schnellbahn zu fahren - sogar hier fühlt es sich besonders an.

 

Ich weiß, einige werden nun die Augen verdrehen und mich für ein wenig eigenartig halten, aber ich weiß auch woher das kommt.

 

In meiner Kindheit/Jugend aber auch als junge Erwachsene, kannte ich zwar mein Cisdanubien recht gut, aber kaum über die Donau war es schon vorbei. Meine Eltern haben auch niemals Urlaub mit uns irgendwo gemacht, wir waren immer zu Hause oder bei den Großeltern ..... eh schon wissen in Transdanubien im Garten.

 

Der Einstieg ins Erwachsenenleben war geprägt von permanentem Geldmangel. Die Wohnung anmieten kostete Geld - für Kautionen, für Möbel, für Geschirr. Der Führerschein wollte gemacht werden. In meinem Fall etwas verspätet mit 19, weil eben der Betrag erst gespart werden musste. Außer dem eigenen Einkommen gab es kaum Einnahmequellen. So hatte ich, wie auch meine jeweiligen Partner immer einen "Zweitjob". Naja und Zweitjob bedeutete weniger Freizeit - weniger Freizeit wiederum heißt, wenig Zeit für Reisen usw.

 

darauf hab ich lange gewartet
darauf hab ich lange gewartet

Und weil Hans viel aus meiner Vergangenheit weiß, hat er das zum Anlass genommen und hat mir zum Geburtstag diesen Ausflug geschenkt.

 

Diesen Ausflug der so viel Bedeutung für mich hat. Er schließt die Lücke die da war. Zugegeben einen Grazbesuch hätte ich mir in den letzten 25 Jahren schon leisten können, habe ich mich doch seit meinem ungefähr 30. Lebensjahr immer wieder und wieder beruflich verbessert, mich fortgebildet und dadurch deutlich einträglichere Jobs ergattert.

 

Ich habe dann schon einiges gesehen, aber eigentlich niemals auf eigene Faust, immer in Co mit einem Partner oder als Anhängsel bei Freundinnen. Ich weiß nicht, warum ich aufgehört habe, meinen Interessen nachzugehen, aber es war so .

 

Und noch so eine Eigenart von mir, bei der ich in der Tat erst seit geraumer Zeit gegensteuere. Egal ob mir jemand von besonderen Destinationen, Lokalen oder Fertigkeiten erzählt. Ich höre zu - bin meistens fasziniert aber bin lange nicht auf die Idee gekommen, es selbst auszuprobieren oder mir das selbst anzusehen.

 

der Ausblick wie aus dem TV
der Ausblick wie aus dem TV

Ich bringe es mal an einem Beispiel - ich kannte aus dem TV den Blick auf den Grazer Uhrturm bzw. über die Stadt Graz. Ich finde es wunderschön, weil ich auch den Blick über Häuserdächer so gerne mag und in Innenhöfe von oben reinblicken etc.

 

Das aber umzusetzen oder für mich möglich machen - auf die Idee komme ich einfach nicht. Erlebe ich es aber dann, so wie bei unserem Ausflug, bin ich wirklich sehr glücklich und könnte Stunden damit verbringen.

 

Hans hat noch eine weitere Graz-Illusion von mir aufgegriffen. Ich assoziere mit Graz auch eine Radiowerbung - ich glaube aus den 80er Jahren. Da gab es für das Interhaar Institut eine Werbung, deren Schluß auf die Adressen der Institute hinwies, ungefähr so....... und Graz Annenstraße 3......

 

Also gingen wir auch durch die Annenstraße - die ich, mit Verlaub als grottenhäßlich empfunden habe. Aber mein Hirngespinst seit 30 Jahren ist somit befriedigt.  Und NEIN das Institut gibt es nicht mehr an der Adresse.

 

Ich weiß, ich trage Erinnerungen mit mir, die sind so unnötig, aber sie sind da. Mir fehlen andere Dinge aus der Vergangenheit, die ich scheinbar damit kompensiere. Ich hätte gerne gemeinsame Momente mit meiner Familie aus der Vergangenheit, ich habe meine Mama immer vermisst. Ja es hat sich nun 45 Jahre nach ihrem Tod natürlich längst als zu meinem Leben gehörig integriert, aber gemeinsame Erinnerung fehlen trotzdem. Auch mit meinem Vater, er ist heuer bereits seit 24 Jahren nicht mehr da. Aber auch meine Schwestern, die sich seit mehr als 25 Jahren von mir ohne Grund abgewandt haben.

 

Nein ich werde nicht sentimental, aber ich vermisse oftmals Menschen mit denen ich die Vergangenheit teilen kann. Eine Dekade in einer toxischen Beziehung zählt da nicht dazu.

 

 

Wie halte ich also dagegen? Ganz einfach, ich schaffe mir mit Hans eine Gegenwart, die zu unserer gemeinsame Vergangenheit wird. Deswegen ist auch sooft die Kamera dabei - ich poste bei weitem nicht alles, aber es ist mir so wichtig. Wer weiß ob ich mich in ein paar Jahren noch daran erinnern kann.

 

Und ich versuche mich auszutricksen - quasi diese eigenartige Bucket List abzuarbeiten, wäre doch gelacht, so große Ansprüche habe ich ja nicht, doch die, die da sind die sind besonders.

 

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