Die Ahnen Teil 1

Angeregt durch einen Beitrag eines Bekannten, möchte ich heute gerne ein paar Erinnerungen aus meiner Jugend und Kindheit festhalten.

Konkret die Geschichten die mir die Großeltern, aber auch ältere Bekannte erzählt haben. Aus deren Kindheit - aus deren Leben und die Eindrücke die sie bei mir damit hinterlassen haben.

 

Da ist mein Großvater mütterlicherseits - Baujahr 1896. Mein Opa hat aufgrund seines Geburtsjahres und der Umstände beide Weltkriege mitgemacht. Weltkrieg 1 als sehr junger Mann mit 18 Jahren, Weltkrieg 2 als reifer aber leider noch nicht zu alter Mensch mit 42.

Gesprochen hat er wenig darüber, ja er wurde eingezogen, ja er war Soldat, aber ein Wort darüber verloren hat er kaum. Auch nicht wenn jemand auf Besuch gekommen ist - Krieg war niemals Thema. Vielleicht haben sie ja darüber gesprochen wenn wir Kinder nicht anwesend waren. Seine Frau, meine Oma, da kann ich mich gut erinnern, hat auf die wenigen Fragen zu früher, es einfach nur abgetan mit " geh hör auf, war nicht so interessant".

 

An eine einzige Anekdote dazu kann ich mich erinnern. Oma hat erzählt es gab da diese großen Versammlungen, zu denen musste man quasi gehen und zuhören. Begrüßt hat man sich - wie eh auch heute noch bekannt , mit "Heil Hitler unser Führer" und meine Oma meinte flüsternd zu mir, sie hätten dann ganz leise den Gruß mit  " wir werden immer dürrer" abgeschlossen.  Ich fand das als junger Mensch eigenartig, aber Oma meinte nur, naja zum Essen war nicht viel da.

 

Mir ist aber auch hängengeblieben, dass meine Großeltern manchmal in einer anderen Sprache Phrasen verwendet haben.

všecko jedno - ausgesprochen hat es sich für mich wie fschetzko jedno angehört und bedeutet so viel wie - alles egal, alles wurscht.

 

Und viel später bin ich dahintergekommen, dass diese Redewendung sich sogar bei einem Lied, gesungen von Heinz Conrads sich wiederfindet.

Nachzuhören hier:

https://www.youtube.com/watch?v=3XpKNQz7NlU

Bildergebnis für heinz conrads

 

Abgesehen von diesen Dingen haben meine Großeltern mütterlicherseits kaum etwas von der Vergangenheit erzählt, nur dass Oma in der Schule, in den 4 Jahren in denen sie war, immer sehr gut war und gelobt wurde. Auch für ihre schöne Schrift. Darauf war sie noch im hohen Alter sehr stolz. Sie hat als Magd gearbeitet und scheinbar den Großvater sehr spät kennengelernt, war sie doch bei ihrem ersten Kind, meiner Mutter, bereits 41 Jahre alt.

 

Den Vater meines Vaters habe ich kaum kennengelernt. Er starb ab Tag nach der Geburt meiner Schwestern, da war ich 1 Jahr und 11 Monate alt. Ich habe aber Fotos von ihm als junger Mann und kurz vor seinem Tod mit 49 Jahren gesehen. Ein wirklich fescher Mann ist er gewesen.

 

Mein Großmutter väterlicherseits hat dann später wieder geheiratet, war sich doch zum Zeitpunkt der Witwernschaft erst 41 Jahre alt. Übrigens war sich damit sogleich 3fache Großmutter mit 41!! Heute für mich fast unvorstellbar - so eine junge 3fach Oma !!

 

Der angeheiratete Opa war für mich, nachdem ich ihn mit 7 Jahren kennengelernt hatte, fast wie mein "echter" Großvater. Er war ein belesener Mann, absolut kein Handwerker, dafür in administrativen und rechtlichen Dingen überaus gut.  Er wurde auch gerne von Anderen zu Rate gezogen, dennoch glaube ich war er nicht so besonders beliebt. Er wirkte auf Viele ein wenig überheblich - naja in den Kreisen in denen er sich mit meiner Großmutter später bewegte war er auch etwas Besonderes.

 

Meine Großmutter liebte es, sich mit dem Amtstitel ihres Mannes ansprechen zu lassen, ob beim Arzt, beim Fleischer oder im Gemüsegeschäft, überall konnte man " Habe die Ehre Frau Amtsdirektor" hören. Ich fand es als junger Mensch schon eigenartig, aber meine Großmutter war geradezu gierig danach.

 

Sie eine einfache Wäscherin, die soweit mir bekannt, ebenfalls in Haushalten als Hilfskraft gearbeitet hatte, später dann einen Job bei einer kleinen Wäscherei in der Donaustadt angenommen hatte. Das ist mir auch deshalb in Erinnerung weil sie in späteren Jahren ihre Arthrose in den Händen, auf das Arbeiten mit kaltem Wasser darauf zurückgeführt hatte.

 

Eine Anekdote zur Großmutter habe ich noch - ihr korrekter Vorname lautete:

Aloisia - sie hat sich aber immer mit Luise vorgestellt. Aloisia hat sie abgrundtief gehaßt, sie hat es sogar geschafft, dass auf ihrem Grabstein nun Luise steht.

Was übrigens wenn man ein wenig darüber recherchiert sehr gängig war, dass die Frauen mit Vornamen Aloisia sich Luise nannten.

 

Ich habe zwischen meinem knapp 16ten und bis zum fast 18ten Lebensjahr bei meinen Großeltern gewohnt. In dieser Zeit war es ein Ritual am Sonntag morgen nach dem Frühstück mit dem Großvater in einer  Ecke des Wohnzimmers in einem der beiden Ohrensessel zu sitzen, zwischen uns ein kleines rundes Beistelltischchen, dahinter eine Stehlampe mit großem Schirm. Nachdem es damals bei den Großeltern nicht üblich war, am Sonntag  vor dem Mittagessen das Haus zu verlassen,  saß ich also in dem bequemen Sessel, rauchte mit Opa eine Zigarette und er erzählte mir von früher - vom Krieg und seinen Aufgaben damals. Von seiner Verletzung relativ am Anfang des Krieges durch ein Schrapnell in den Rücken, dass ihn zwar durchaus stark getroffen hatte, aber bis auf eine Versteifung im Rücken nicht schlimmer erwischte.

Nach der Genesung dann die Versetzung in eine Schreibstube, wo er sein wahres Talent, das Organsieren aber auch sein taktisches Vorgehen und seine Liebe zum Recht ganz gut einsetzen konnte.

Seine Andeutungen wie man als intelligenter Mensch versucht hatte auch als Soldat so menschlich wie möglich zu bleiben.

Bildergebnis für 2 sessel mit tisch und stehlampe altUnd weil ich bei Ihnen lebte, habe ich auch als Einzige erfahren, dass er eine uneheliche Tochter hatte. Seine Kinder aus erster Ehe, wussten darüber nichts. Das ich in dieses Geheimnis eingeweiht war, war purer Zufall bzw. ich habe Wortfetzen aufgeschnappt. Großmutter hat es mir dann unter 4 Augen gesagt. Die Dame die uns besucht hatte, war seine uneheliche Tochter. Eine sehr kluge tüchtige Apothekerin aus Graz. Großvater meinte dann später, als Oma ihm gesagt hatte sie hat es mir erzählt, es sei grundsätzlich eine Sache zwischen seiner ersten Frau und ihm gewesen. Er hatte niemals Kontakt zu seiner Tochter, er ist aber selbstverständlich finanziell für sie aufgekommen. Meiner Großmutter hat er es gebeichtet, weil er am Beginn ihrer Ehe noch einige Zeit Geld überweisen musste und er sie nicht hintergehen wollte.

 

Er ist nun seit über 30 Jahren tot, meine Großmutter hat dieses Geheimnis wohl auch mit ins Grab genommen und ich habe wie versprochen niemals darüber ein Wort verloren. Seine Kinder aus erster Ehe sind heute beide auch bereits schon länger in Pension, ich habe seit  gut 26-27 Jahren keinen Kontakt mehr, somit wird es mit mir komplett aus diesem Zweig gelöscht sein.

 

Mein Verhältnis zum Großvater war immer sehr gespalten - einerseits war ich damals schon froh, Ansprache zu erhalten die mich forderte. Ich möchte nicht überheblich erscheinen, aber mir war in jungen Jahren schon das gängige Blabala über Mode, Autos, Schmuck und Schminken, Burschen usw. zu wenig.  Ich habe mit 16 Jahren Irving Stone - der Seele dunkle Pfade - gelesen. Ja ich weiß es ist eine biografische Fiktion, aber das Buch hat mich für weitere Titel angefixt. Außerdem zeigt es auch dass mich ganz andere Dinge beschäftigt haben als bei anderen 16jährigen. 

Bildergebnis für seele dunkle pfadeUnd die "andere" Seite des Großvaters - er war etwas herrisch, verlangte 100% sich seinen Vorstellungen unterzuordnen und er war mMn tablettensüchtig. Er sagte zwar er müsse das alles nehmen weil er eben aufgrund der Kriegsverletzung regelmässig Schmerzen hatte, aber er hatte auch Tabeletten gegen zuviel Schwitzen, gegen Blähungen, gegen Herzschwäche, zur Beruhigung und  ich glaube auch gegen Blutdruck usw. Insgesamt nahm er mit seiner Tablettenschatulle täglich sicher zwischen 6-10 unterschiedliche Pillen zu sich. Und er war regelmässig beim Arzt - egal was war 2-4 mal im Monat war er in der Ordi und zwischenzeitlich wurde ich immer in die Apo zur Rezepteinlösung geschickt.

Bildergebnis für 1000 medikament buvh

 

Und was unbedingt zum Erinnern dazugehört sind Gerüche. Bei meiner Oma mamaseitig ist es ein bestimmter Geruch wenn Papier und kleine Holzstücke brennen - basierend auf dem Ofen auf dem Oma uns das Essen gekocht hatte.

 

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Und beim Opa 2 war es die Mischung aus Rasierwasser Sir Irisch Moos, Haarpomade und Nivea Creme.

 

Bildergebnis für haarpomade herren

 

Klein-Sabine :)

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