Quiet Quitting ??

Erst kürzlich ist mir das Sprichwort meiner Großmutter eingefallen " Arbeit ist das halbe Leben". Ich habe es nicht einfach nur so ausgesprochen, sondern mir darüber Gedanken gemacht.

Schon länger beobachte ich, dass sich die Einstellung zum Job, zum Arbeiten, wie ich meine verändert hat. Ich möchte es nicht bewerten, sondern einfach nur meine Gedanken dazu festhalten.

Dieses "früher war alles besser" interessiert mich nicht, weil nur einen Moment länger über "früher" nachgedacht, fällt mir sofort auch ein, was nicht gepasst hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Heute morgen bin ich über diesen Standardartikel gestolpert, nachfolgend der Link dazu aber auch der Text:

 

https://www.derstandard.at/story/2000138534961/quiet-quitting-warum-dienst-nach-vorschrift-jetzt-trendet?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR3BR-Z0PCWf-QAaLB_zpDmegwIL1neLqmLQ3KLtzV-gKGXKRgU6H3w8Md4#Echobox=1661558729

 

Text aus obigen Link:

 

"Quiet Quitting": Warum Dienst nach Vorschrift jetzt trendet

 

 

Anders als der Name zunächst vermuten lässt, kündigen "Quiet Quitter" nicht ihren Job, sondern gehen stattdessen nicht mehr die sprichwörtliche Extrameile für den Arbeitgeber.

 

Regelmäßige Überstunden, Anrufe und E-Mails nach Feierabend sowie Aufgaben, die über die Jobbeschreibung hinausgehen: Für viele Beschäftigte gehört das zum Arbeitsalltag. Dagegen regt sich nun aber vor allem unter jungen Menschen Widerstand – und das in Form von "Quiet Quitting", also einer "stillen Kündigung".

 

Bekannt geworden ist der Begriff durch ein Tiktok-Video des Users "zaidleppelin", das mittlerweile 3,4 Millionen Aufrufe zählt. Anders als der Name zunächst vermuten lässt, kündigen Quiet Quitter nicht ihren Job, sondern gehen stattdessen nicht mehr die sprichwörtliche Extrameile für den Arbeitgeber. "Die Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deinen Output", heißt es in dem viralen Video. Das Erbringen von Leistungen, die über die Arbeitsvereinbarung hinausgehen, ist demnach tabu.

 

Und diese Idee findet Anklang: Ein Viertel der US-Arbeitskräfte würde sich bereits als 'Quiet Quitter' bezeichnen. Das geht aus einer Online-Umfrage der App Resume Builder unter 1.000 Beschäftigten hervor. Jede und jeder Dritte von ihnen gibt zudem an, in Zuge dessen die eigene Arbeitszeit reduziert zu haben. Auch hierzulande ist der Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung quer durch alle Branchen und Berufe groß, wie der aktuelle Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer zeigt. Die Gründe sind psychischer Stress, Überstunden und überlange Arbeitszeiten sowie mangelnde Unterstützung durch die Führungskräfte.

 

Veränderte Arbeitsbedingungen

Der Trend zum Dienst nach Vorschrift folgt in den USA dem Phänomen der massenhaften Kündigungen, das bereits im Vorjahr als "Great Resignation" bekannt geworden ist. Als Ausgangspunkt galt auch dafür die Pandemie, in deren Folge eine wachsende Zahl an überlasteten und meist schlecht entlohnten Beschäftigten ihrem Arbeitsplatz den Rücken kehrten.

 

Auch die Quiet Quitter fühlen sich im Job unglücklich, gestresst und ausgelaugt. Der Unterschied: Viele von ihnen mögen ihre Arbeit eigentlich und wollen ihre Stelle nicht kündigen, den überzogenen Anforderungen, die seitens der Unternehmen an sie gestellt werden, wollen sie aber dennoch nicht mehr nachgeben. Die Pandemie hat diese Situation noch einmal verschärft: In vielen Branchen herrscht ein akuter Personalmangel, weil Angestellte gekündigt wurden – oder gekündigt haben–, der Betrieb aber weiterlaufen soll wie bisher.

 

Selbstfürsorge statt Aufopferung

Nicht zu verwechseln sei das Quiet Qutting jedoch mit der "inneren Kündigung", bei welcher Beschäftigte so unzufrieden sind, dass sie ihre Arbeitszeit nur mehr absitzen. Die Anhängerinnen und Anhänger der "stillen Kündigung" setzen aber auf eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben. Davon versprechen sie sich neben mehr Zeit für Freunde und Familie vor allem Vorteile für die psychische Gesundheit. Viele von ihnen fühlen sich bereits ausgebrannt oder befürchten ein Burn-out, sollte sich nichts an ihrem Joballtag ändern.

 

Kritik am Quiet Quitting gibt es aber nicht nur von Vertretern der "Hustle Culture", die harte Arbeit nach dem Höher-schneller-weiter-Prinzip predigen. Auch jene, die eine bessere Vereinbarung von Beruf und Privatleben befürworten, stoßen sich an dem Begriff und der Debatte darum, wie folgender Tweet zeigt:

https://twitter.com/SeinKind/status/1562719099687673856?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1562719099687673856%7Ctwgr%5E9a8b082444b4df571244621980786495950ccdca%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.derstandard.at%2Fstory%2F2000138534961%2Fquiet-quitting-warum-dienst-nach-vorschrift-jetzt-trendet

 

https://twitter.com/SeinKind/status/1562719099687673856?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1562719099687673856%7Ctwgr%5E9a8b082444b4df571244621980786495950ccdca%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.derstandard.at%2Fstory%2F2000138534961%2Fquiet-quitting-warum-dienst-nach-vorschrift-jetzt-trendet

"Das Einzige, was hier diskutiert werden sollte, ist, warum das Wort 'kündigen' verwendet wird, wenn Personen sowohl angestellt sind als auch ihre Arbeit erledigen", sagt Start-up-Berater Ed Zitron im Gespräch mit dem US-Radiosender NPR. Der Diskurs sei ein Vorwand, jene Arbeitnehmer zu dämonisieren, die sich nicht umsonst zu Tode arbeiten wollen. Für Unternehmen, die sich vor Quiet Quittern in der Belegschaft fürchten, hat Zitron eine einfache Lösung: "Bezahlt Beschäftigte für Extra-Arbeit." (Anika Dang, 26.8.2022)

 

Im HO sah es manchmal so aus - da hatte ich aber keine Zeit es festzuhalten, deswegen Symbolfoto
Im HO sah es manchmal so aus - da hatte ich aber keine Zeit es festzuhalten, deswegen Symbolfoto

Quiet Quitting - spannend!

Auch mir ist, ähnlich der Verfasserin des Textes, aufgefallen, dass der Ausdruck ziemlich negativ gewählt wurde.

 

Ich stamme eher aus der Generation die sich über den Job definiert, die hart und viel arbeitet um sich etwas leisten zu können. Den Begriff und dessen Definition HUSTLE Culture würde ich nicht ansetzen, es ist mir einfach zu krass. Wobei - ich bin mir nicht sicher, hier eine Beschreibung für Hustle Culture:

 

 zitiert aus: www.bedeutungonline.de

Diejenigen Personen, die sich der Hustle Culture verschrieben haben, ordnen ihrer Karriere und dem Erreichen bestimmter monetärer Ziele alles unter. Dies kann unter anderem folgende Aspekte mit einschließen:

  • das ständige Leisten von Überstunden,
  • Wochenendarbeit,
  • die Annahme eines oder gar mehrerer Nebenjobs,
  • der Start einer selbstständigen Tätigkeit,
  • das Negieren von Schlafmangel und Müdigkeit,
  • das Aufputschen mit übermäßigem Koffeinkonsum oder gar mit Drogen,
  • das Vernachlässigen von Beziehungspartnern, Familie und anderen sozialen Kontakten,
  • das Schlechtreden jeglicher Bedürfnisse nach Ruhe und Entspannung.

Freizeit und soziale Interaktionen werden also zurückgestellt, körperliche Warnsignale sogar bewusst ignoriert. Menschen, die in der Hustle Culture gefangen sind, versprechen sich durch diesen bedingungslosen Einsatz ein zu einem späteren Zeitpunkt entspanntes und in jeglicher Hinsicht erfülltes Leben.

 

Blick aus meinem Büro
Blick aus meinem Büro

Ich habe im beruflichen aber auch im privaten Umfeld ab und an darüber gesprochen, diesen Arbeitseinsatz skizziert, die Gründe dafür erläutert usw. Ich kann mich gut daran erinnern, bei meinem ersten Job hatten wir soviel zu tun, da hat mein Vorgesetzter mehrmals mir Arbeiten übergeben, die ich am Wochenende erledigt habe. Dafür gab es nach den ersten unentgeltlichen Arbeitseinsätzen, nebst Überstunden noch extra Bezahlung. Etwas was ich gerne angenommen hatte, konnte ich mir doch damit mit nicht mal 18 Jahren meine erste eigene Wohnung komplett schuldenfrei einrichten, mir den Führerschein zahlen und ein gebrauchtes aber fahrtüchtiges Auto anschaffen.

 

Meine Erzählungen diesbezüglich stossen jedoch oftmals auf Unverständnis - nicht nur bei der jungen Generation, auch bei Gleichaltrigen. Vielleicht hat sich auch mein Umfeld komplett verändert, aber früher war das, dort wo ich mich aufgehalten habe, vollkommen normal - wer die Möglichkeit auf Überstunden hatte, hat sie gemacht. Wem Zusatzarbeit  angeboten wurde, der hat sie geleistet.

 

Heute bin ich selbst in der Situation, meine Teamkolleg:innen um Mehrstunden bitten zu müssen. Die Ressonanz darauf hält sich in Grenzen. Auch temporäre Angebote für ein höheres Stundenausmaß zu arbeiten, sind nicht soooo gerne gesehen.

 

Jetzt nach 41 voll geleisteten Arbeitsjahren kann ich es verstehen, wenn die Freizeit einen gleichhohen oder sogar höheren Stellenwert wie der Job bekommt. Soweit ich mich erinnern kann und meine Tagebücher hergeben, als jüngerer Mensch hätte ich es noch nicht verstanden.

 

Ich weiß schon - Quiet Quitting bedeutet nicht, man möchte keine bezahlten Mehrstunden leisten, aber so wie ich das früher erlebt hatte, bin ich erst zu bezahlten Mehrstunden gekommen, nachdem ich unentgeltlich gezeigt hatte, ich kann und ich will auch nach Dienstschluß noch etwas leisten.

 

Große Teile des Personenkreises der mich jetzt umgibt, ob jung oder in meinem Alter, möchte weder unentgeltlich noch entgeltlich mehr leisten als im Dienstvertrag vorgesehen. Work Life Balance ist extrem wichtig. Ich habe nun auch mitbekommen, dass ein Gutteil der Kolleg:innen ihr Mobiltelefon im Büro lässt. War zu Anfang eigenartig für mich, aber ja warum nicht.

 

da könnte man Wochen an Mehrstunden schieben
da könnte man Wochen an Mehrstunden schieben

Ich würde gerne, wenn ich mehr Zeit habe, die Menschen zu ihren Beweggründen befragen - und zu ihren Vorstellungen, wie ihre Zukunft aussehen soll.

Vielleicht aber auch ist dieses weiter in die Zukunft denken, nicht mehr so Thema für die Menschen. Vielleicht will man ja jetzt und heute leben, war übermorgen kommt wird sich ergeben ?

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