Beim Lesen ist mir ein Artikel über Katharine Hepburn und Spencer Tracy untergekommen. Dass die beiden eine sehr lange, geheime Beziehung hatten. Hepburn schrieb nach Tracy´s Tod, dass nur seine Interessen und Bedürfnisse zählten, trotzdem hielt sie an ihm fest und half ihm auch seine Alkoholsucht in den Griff zu bekommen.
Ich habe lange darüber nachgedacht – die Beziehung zwischen den Beiden wurde oftmals als die große geheime Liebe Hollywoods bezeichnet. War es wirklich Liebe auf beiden Seiten? War es von Tracy nicht sehr egoistisch, Hepburn als quasi Zweitfrau immer im Schatten zu lassen?
Für mich selbst, bedeutet Liebe, dem Anderen niemals weh tun zu wollen. Ich kann mir vorstellen, dass Hepburn eine tiefe Liebe zu Tracy empfunden hat und deswegen auch alles in Kauf nahm, aber umgekehrt? War Tracy so in Liebe mit Hepburn verbunden und hat sie dennoch nicht an die erste Stelle in seinem Leben gestellt?
Ich selbst hatte in meinem Leben einige Partnerschaften, die auf Zuneigung, Respekt und Gemeinsamkeiten aufgebaut waren. Ich war auch in meine Partner jedenfalls verliebt, bei einigen hat sich so etwas ähnliches wie Liebe entwickelt. Definieren konnte ich das zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht. Im Nachhinein betrachtet, hat sich die starke Verbundenheit und der Respekt dadurch gezeigt, dass ich zu einigen Ex-Partnern auch heute noch einen guten und freundschaftlichen Kontakt habe.
Auch als ich das erste Mal mit Hans zusammen war, war es Zuneigung, Respekt und eine gegenseitige Wertschätzung. Die Rahmenbedingungen waren jedoch nicht besonders gut. Ich war einfach nicht reif genug, um zu erkennen was uns verbindet und Hans war noch dabei, seine innere Stärke und sein Vertrauen in sich selbst, zu festigen. Außerdem war ich, wie es Peter Cornelius so schön in seinem Lied „Segel im Wind“ beschreibt, nicht wissend was ich will und was ich suche.
Durch meine bis zu diesem Zeitpunkt durchwegs positiven Partnerschaften, war ich der irrigen Meinung, ja so ist es einfach und ist es nicht dieser Mann, dann wird für mich ein anderer kommen. Man ist zusammen, man erlebt eine gemeinsame schöne Zeit, wenn es nicht passt dann geht man wieder auseinander. Auch wenn es zu Trennungen kam, die schmerzhaft waren, immer lief es auf Augenhöhe ab.
Erst die darauffolgende Beziehung hat mir gezeigt, dass das absolut nicht so sein muss. Ich möchte keine Schuldzuweisungen aussprechen. Ich war ein sehr schwieriger Mensch, mein neuer Partner ebenfalls. Hier sind zwei Menschen aufeinander geprallt, die niemals einen gemeinsamen Weg finden hätten können.
Aufgrund der äußeren Umstände, sah ich mich gefangen in einer Beziehung die bald nur mehr nach außen eine war. Details sind nicht notwendig. Die Trennung war sehr unschön und hasserfüllt. Aber sie war auch eine Befreiung und sie hat mich gelehrt, dass mein vorherigen Beziehungen, auch wenn sie nicht die große Liebe waren, etwas Besonderes gewesen sind.
Dann hat das Schicksal gemeint, es tut mir mal was Gutes und hat mir Hans wieder geschickt. Unser Kontakt ist über die Jahre zwar niemals ganz abgebrochen, aber wir haben uns nie getroffen.
Ich kann heute für Hans und mich schreiben, beide waren nicht auf eine Wiederholung aus. Hans war einfach wie immer hilfsbereit. Und ich habe seine Hilfe sehr gebraucht.
Aber unsere gegenseitige Anziehungskraft war sehr stark. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben lange darüber nachgedacht ob ich mit einem Mann beisammen sein möchte, mit Hans zusammen sein. Ich wollte mich einfach nicht verlieben – ich hatte fürchterliche Angst, verletzt zu werden. Hans befand sich in einem anderen persönlichen Konflikt, ich wollte einfach nicht, dass er sich entscheiden musste.
Deswegen habe ich das gemacht was Hepburn machte, ich war die Schattenfrau. Ohne Ansprüche, ohne gesehen zu werden. Es tut mir leid, wenn ich dadurch andere Menschen verletzt habe, aber ich hatte mich wieder in Hans verliebt.
Damit er nicht zerrissen wird, habe ich mich zurückgenommen. Es war nicht leicht und meine Liebe war immer gepaart mit Wehmut. Nach einiger Zeit hat mir Hans gesagt, er hätte sich für mich entschieden. Das war mein größtes Geschenk, ohne bitten ohne drängen, seine Entscheidung.
Ich weiß, dass ich für Hans die große Liebe war. Wir hatten 100te Gespräche darüber und er hat es mir täglich, bis zu seinem Tod bewiesen. An Hans Seite war ich, nun reifer und wissend um meine Wünsche, der Mensch der ich tatsächlich bin. Manchmal schwierig, aber eine gute Kumpeline, aufrichtig und hilfsbereit, witzig und manchmal anstrengend, wissbegierig und interessiert.
Es war mir vergönnt, mich durch Hans Augen zu sehen und was ich dort sah, hat mir sehr gut gefallen.
Für Hans manche meiner Wünsche und Vorstellungen etwas hintanzustellen, war meistens sehr leicht. Unsere Beziehung war darauf bedacht, niemals den Anderen zu übergehen, beide haben wir auf die Bedürfnisse des Anderen geachtet. Hans war die perfekte Ergänzung für mich – ich kenne niemanden, der diesen Balanceakt von Geben und Nehmen so ausgeglichen schaffte. Wir haben uns dabei wundervoll ergänzt.
Wir kannten auch unsere Macken und sind liebevoll damit umgegangen. Wir hatten tatsächlich in unseren gemeinsamen Jahren nur ganz wenige Diskussionen, in denen wir uns kurz mal aus dem Weg gegangen sind. Hans meinte mit seinem verschmitzten Lächeln mal „kennst du die Passage aus Großvater von STS“ – ich wusste sofort was er meint und so haben wir es auch gehalten.
Heute muss ich oft noch lächeln, ich arbeite im Umwelt und Naturschutzbereich, aber Hans war die treibende Kraft um ein E-Auto anzuschaffen. Mir wars egal, also hab ich ein E-Auto gekauft. Detto unser Weinviertel-Projekt. Ich hatte schon eigenes Haus und Garten gehabt, das Bedürfnis jeden Tag im Garten zu werken, war bei mir eher begrenzt. Hans aber hat immer wieder erzählt, wo er überall mitgearbeitet hat, was er bei anderen gerne anders gestaltet hätte, aber es war ja nicht sein Eigentum usw.
Also haben wir uns einen Garten und ein altes Haus gekauft – Hans war glücklich. Und es war eine gute Entscheidung, aber es war auch eine Nervenprobe. Insgesamt haben wir 4 Jahre bis zu seinem Tod fast jede freie Minute da draußen am arbeiten verbracht. Gemeinsames arbeiten, auch wenn manche immer wieder ihre spitzen Bemerkungen nicht unterlassen konnten und von „was Hans da schon geschaffen hat“ in meiner Gegenwart sprachen. Hans hat jeden darauf hingewiesen, es ist unser Grundstück, unsere gemeinsame Arbeit.
Dafür habe ich ihn auch geliebt, dass er egal wer solche Bemerkungen machte, nicht darüber hinweggegangen ist, sondern mich niemals unerwähnt ließ. Ich war mächtig stolz, weil es ein weiteres kleines Puzzleteilchen war, das mir seine tiefe Zuneigung bewies.
Wenn Hans glücklich und zufrieden war, hat das mein Herz erhellt. Ich zeichne unsere Beziehung nicht „weich“ – ich hatte nur so ein verdammtes Glück, diese Liebe genießen zu dürfen.