Nach Hans' Tod waren meine drei schwarzen Samtpfoten die wichtigsten Lebewesen in meinem Leben. Von einem Moment auf den anderen lag es an mir, mich alleine um sie zu kümmern, ihre Versorgung zu übernehmen und ihren Alltag zu regeln. Besonders Alfred bereitete mir Sorgen – sein Röcheln wurde immer stärker. Wenige Wochen nach Hans' Begräbnis musste ich mit ihm zum Tierarzt.

Unsere bisherige Tierärztin hatte nur noch sehr schwierige Ordinationszeiten, sodass ich mich nach einer Alternative umsah. Ich fand eine neue Praxis und vereinbarte einen Termin. Es war nicht leicht, Alfred allein in die Transportbox zu bekommen, doch beim Tierarzt selbst verhielt er sich vorbildlich. Zu meinem Glück traf ich auf einen außergewöhnlich fürsorglichen und tierliebenden Arzt. Alfred wurde liebevoll untersucht, bekam eine Spritze und zeigte dabei nicht einmal eine Regung. Dennoch schlug das Medikament nicht sofort an. Wir mussten erneut Medikamente ausprobieren, weitere Termine wahrnehmen – bis schließlich feststand, dass Alfred nicht nur eine einmalige Entzündung hatte, sondern an temporärem Asthma litt. Doch solange der kleine Checker munter umherlief und gut fraß, war alles im grünen Bereich.
In meiner anfänglichen Trauerphase nahm ich meine drei Kater zwar wahr, doch manches entging mir. Erst später fiel mir auf, dass Flummi in den ersten Wochen nicht einmal auf meine Couch kam. Alfred sprang nur auf meine Bettseite, und Flauschi suchte wochenlang nach Hans an seinem Arbeitsplatz.
Sie hatten den Tod von Hans aus nächster Nähe miterlebt – vermutlich waren sie sogar bei ihm, bis ich nach Hause kam. Doch als Rettungskräfte und Feuerwehr in der Wohnung waren, verschwanden sie. Auch in der ersten Nacht allein bekam ich sie nicht zu Gesicht. Erst am nächsten Morgen waren die Futterschüsseln leer, doch tagsüber blieben sie weiterhin versteckt. Erst nach einigen Wochen, als ihnen klar wurde, dass ihr Herrchen nicht zurückkommen würde, näherten sie sich mir wieder. Ich hatte gelesen, dass Tiere den Tod riechen können. Da Hans bei ihnen zu Hause verstarb, mussten sie wohl verstanden haben, dass er nicht mehr wiederkehren würde.
Im Laufe der Zeit akzeptierten sie mich als vollwertiges Mitglied ihrer kleinen Gang. Besonders Alfred, der Mutigste der drei, schmiegte sich eng an mich, wärmte mich und forderte lautstark seine Streicheleinheiten ein.
Flauschi, der sich als erster von mir hatte berühren lassen, als sie noch fünf waren, nahm mich schließlich auch als Herrchenersatz an und verlangte nun doppelte Aufmerksamkeit.

Flummi, unser scheuester Kater, brauchte am längsten, um sich an die neue Realität zu gewöhnen. Ich beobachtete ihn nachts, wie er in Hans' Arbeitszimmer schnüffelte, den Schreibtischstuhl untersuchte und schließlich vorsichtig – denn er durfte es zu Lebzeiten nur selten – den Schreibtisch erkundete. Besonders lange hielt er am Katzenkorb über Hans’ Monitor fest. Ich hatte das Gefühl, er wartete auf ihn.
Die drei alleine zu versorgen, war eine Herausforderung. Ich stand jeden Morgen früher auf, reinigte ihre Katzenkisten, fütterte sie mit frischem Nassfutter und füllte die Schüsseln mit Trockenfutter auf. Nach der Arbeit begrüßte ich sie liebevoll und gab ihnen ihr Abendessen, bevor ich selbst etwas aß. Danach forderten sie ihre Spielzeit ein – Spielzeug allein reichte nicht, meine aktive Beteiligung war gefragt. Also kamen die Spielzeugangel und der Laserpointer regelmäßig zum Einsatz.
Eigentlich wollte ich keine eigenen Katzen mehr. Diese drei Fellnasen blieben bei uns, weil uns nicht bewusst war, dass die Vermittlung schwarzer Katzen so schwierig ist. Zudem, und das sage ich ohne Groll, ließ uns der Katzenverein, für den wir als Pflegestelle fungierten, im Stich. Weder Hans noch mir war klar, dass es so ablaufen würde. Uns wurde wenig charmant gesagt, dass die Kater zu scheu seien – als könnte man ihren Charakter einfach ändern, damit sie offener auf Menschen zugingen. Unsere eigenen Versuche, sie zu vermitteln, schlugen leider fehl.
Immerhin konnten wir zwei weitere Katzen, Lady und ihren Bruder Zwergi, an eine Familie vermitteln, die einen guten Eindruck machte. Doch als einige Zeit später einer der beiden verwahrlost in Niederösterreich aufgefunden wurde, meldete sich der Katzenverein bei uns, weil die neuen Besitzer nicht erreichbar waren. Nach einer unschönen Diskussion mit einer der Damen erfuhren wir wenigstens, dass die Besitzer gefunden wurden und bereits selbst nach ihrer Katze suchten.
Nun ist das Dreiergespann meins – und es wird so bleiben. Zum Glück gibt es ein paar liebe Menschen in meinem Umfeld, die sich um die Racker kümmern, wenn ich einmal ein paar Tage Urlaub machen möchte. Unsere gemeinsame Geschichte begann mit Schmerz und Unsicherheit, doch heute sind wir eine unzertrennliche Familie.
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